Wissenswert: Insolvenzantragspflicht und Sanierung - nicht nur in Corona-Zeiten

Der Geschäftsführer einer GmbH, einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft (UG) oder Vorstände einer AG sollten bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung möglichst unverzüglich Insolvenzantrag stellen, um eine verschärfte persönliche Haftung zu vermeiden. Spätestens drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrunds muss der Insovenzantrag zwingend gestellt werden. Dadurch könnten die verantwortlichen Organe häufig die eigenen Strafbarkeit vermeiden.

Antragspflicht bei Personengesellschaften?

Bei Personengesellschaften wie der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR bzw. BGB-Gesellschaft), der oHG (offene Handelsgesellschaft), der KG (Kommanditgesellschaft) oder bei Einzelunternehmern gilt: rechtlich besteht keine Verpflichtung, Insolvenzantrag zu stellen – erlaubt und möglich ist die Insolvenzantragstellung aber grundsätzlich, wenn das Unternehmen (drohend) zahlungsunfähig oder (bei justitischen Personen) überschuldet ist.

Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

Zahlungsunfähigkeit liegt bereits dann vor, wenn das Unternehmen zehn Prozent seiner fälligen und ernstfach eingeforderten Verbindlichkeiten nicht innerhalb von drei Wochen bezahlen kann. Insolvenzrechtlich überschuldet ist ein Unternehmen, wenn eine bilanzielle Unterdeckung ausweist bzw. rechnerisch überschuldet ist und gleichzeitig keine positive Fortführungsprognose besteht.

Antragspflicht bei Kapitalgesellschaften!

Soll oder muss (bei Kapitalgesellschaften) ein Insolvenzantrag gestellt werden, ist es äußerst wichtig, darauf zu achten, dass der Insolvenzantrag formal korrekt und in zulässiger Form gestellt wird. Denn eine fehlerhafte Antragsstellung führt häufig dazu, dass der Insolvenzantrag letztlich unzulässig und damit ungültig bzw. wirkungslos ist. Der Insolvenzantrag gilt dann rechtlich als überhaupt nicht gestellt. In solchen Fällen können bei bestehender Insolvenzantragspflicht beschriebenen Rechtsfolgen, wie etwa eine Insolvenzverschleppung eintreten. Daher ist es überaus wichtig, einen Insolvenzantrag gewissenhaft – erforderlichenfalls mit Hilfe eines Spezialisten – vorzubereiten oder ihn zumindest vorher anwaltlich prüfen zu lassen. Häufig kann ein Insolvenzantrag mit Hilfe des Know-Hows von Sanierungsexperten sogar noch vermieden werden.

Vermeidung des Insolvenzantrags

Zur Vermeidung eines Insolvenzantrags können Schuldner mit ihren Gläubigern z.B. Stundungs- oder Ratenzahlungsvereinbarungen treffen. Durch diese verschiebt sich die Fälligkeit der Forderungen. Dafür ist jedoch zu Beweiszwecken dringend empfehlenswert, derartige Vereinbarungen schriftlich zu schließen. Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen unterliegen grundsätzlich keiner besonderen Form, notfalls genügt bereits eine Bestätigung der jeweiligen Gläubigers per E-Mail. EIne weitere Möglichkeit zur Abwendung der Insolvenz ist beispielsweise die Inanspruchnahme staatlicher Überbrückungs- und Betriebsmittelkredite. Auch bei der Beantragung von Krediten empfiehlt es sich, erfahrene Sanierungsexperten einzuschalten, um den Betrieb nicht als Ganzes zu gefährden oder die eigene Haftung oder Strafbarkeit zu riskieren.

Insolvenzantrag und dann...?

Sofern der Insolvenzantrag letztlich nicht zu vermeiden ist, bestimmt das Insolvenzgericht in aller Regel bei laufendem Betrieb einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser meldet sich normalerweise bereits innerhalb eines Tages beim Unternehmen und wird die weiteren Schritte mit der Unternehmensführung abstimmen. Auch in dieser Phase sollten Sie sich von Sanierungsexperten beraten lassen.

Das Ziel eines jeden Insolvenzverfahrens ist es zunächst, den schuldnerischen Betrieb fortzuführen und das Unternehmen zu sanieren. Insbesondere im vorläufigen Insolvenzverfahren ist die einstweilige Betriebsfortführung mit Hilfe des Insolvenzgeldes fast immer möglich.

Zu allen Fragen rund um die Insolvenzantragstellung und zu den Möglichkeiten einer Vermeidung der Insolvenz beraten Sie unsere Sanierungsexperten im Bedarfsfall gerne jederzeit. Auch in der Phase der vorläufigen Insolvenzverwaltung und im eröffneten Verfahren beraten wir die schuldnerischen Geschäftsführer und Vorstände. Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt zu uns auf.

Sanierung in Coronazeiten: Schutzschirmverfahren, Eigenverwaltung und Insolvenzplan

Die Coronakrise hat sehr viele Unternehmen kurzfristig in eine Liquiditätskrise gestürzt. Ihnen droht – trotz aller Erleichterungen, die der Gesetzgeber geschaffen hat (zum Beispiel die zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO etc.) – die Zahlungsunfähigkeit und damit der Absturz in den finanziellen Abgrund. Neben diversen Förderungsmöglichkeiten (zum Beispiel über KfW – Darlehen und staatliche Zuschüsse) sollten Unternehmer auch die Möglichkeit, das Unternehmen über alternative Instrumente zu sanieren kennen und in Betracht ziehen.

Von der außergerichtlichen Sanierung, einem Insolvenzverfahren auch in Eigenverwaltung oder unter Nutzung des Schutzschirmverfahrens sowie einer übertragenden Sanierung sollten sämtliche Optionen individuell für Ihr Unternehmen geprüft werden.

Schutzschirmverfahren

Dabei stellt das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO eine besondere Form des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung nach § 270 InsO dar. Hierbei bestellt das Insolvenzgericht, anders als beim „normalen“ Regelinsolvenzverfahren, gerade keinen Insolvenzverwalter. Vielmehr bleibt die bisherige Geschäftsführung im Amts und behält die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Statt eines Insolvenzverwalters tritt ein so genannter Sachwalter auf, der der Geschäftsführung faktisch auf die Finger schaut. Ein großer Vorteil dieser Verfahrensart ist dabei, dass der Geschäftsführer die Person des Sachwalters in aller Regel selbst vorschlagen kann.

Ein wesentlicher Vorteil des Regelinsolvenzverfahrens existiert auch im Schutzschirmverfahren nach § 165 SGB III. Die Gesellschaft kann Insolvenzgeld vorfinanzieren lassen, wodurch kurzfristige Liquiditätsengpässe geschlossen werden und Personalkosten zeitweise drastisch reduziert werden können. Beim Insolvenzgeld (nicht zu verwechseln mit dem Kurzarbeitergeld nach § 95 SGB III) erhalten die Arbeitsnehmer ihr Gehalt für bis zu drei Monate von der Bundesagentur für Arbeit.

Im Rahmen des Schutzschirmverfahrens können die Beteiligten das Unternehmen also u. U. deutlich einfacher sanieren, als außerhalb eines Insolvenzverfahrens. So kann die Geschäftsleitung z.B. Personalmaßnahmen oder Vertragsanpassungen schneller bzw. effizienter sowie insgesamt kostengünstiger durchführen als unter normalen Umständen. Auch können erfahrere Sanierer das Unternehmen häufig schneller wieder wettbewerbs- und ertragsfähig gestalten. Das Unternehmen kann dann die Krise zügig überwinden.

Insolvenzplan

Der Insolvenzplan nach § 218 InsO besteht aus einem betriebswirtschaftlichen Sanierungskonzept und Regelungen zur unmittelbaren und konkreten finanzwirtschaftlichen Sanierung. Kernstück ist oft ein erheblicher Forderungsverzicht der Gläubiger (sogenannter „Haircut“). Die Regelungen des Insolvenzplans dürfen die Insolvenzgläubiger nicht schlechter stellen als sie im Falle des Regelinsolvenzverfahrens ständen.

Sobald - idealerweise - Sanierungsexperten den Insolvenzplan erstellt haben, werden sie diesen beim Insolvenzgericht einreichen. Einzelne Gläubigergruppen stimmen sodann über die Annahme des Insolvenzplans ab. Der Insolvenzplan tritt nach Annahme und Gerichtsbeschluss in Kraft.

Unsere Sanierungsexperten beraten Sie über die Möglichkeiten von übertragender Sanierung, Schutzschirmverfahren, der Eigenverwaltung und des Insolvenzplans im konkreten Einzelfall. Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt mit uns auf.

Insolvenz in Eigenverwaltung

In manchen Fällen ist ein Insolvenzantrag leider unumgänglich. Es gibt aber Gestaltungmöglichkeiten, durch die die Geschäftsführer und Vorstände nicht völlig das Heft des Handels aus der Hand geben müssen. Gemeint ist die Eigenverwaltung.

Auf ausdrücklichen Antrag des Schuldners wird das Insolvenzgericht in seinem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung anordnen. Für eine Anordnung der Eigenverwaltung dürfen allerdings keine Umstände bekannt sein, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Die bisherige Geschäftsführung bleibt in der Eigenverwaltung im Amt - ein Insolvenzverwalter wird gerade nicht bestellt.

Statt eines Insolvenzverwalters bestellt das Insolvenzgericht vielmehr einen sogenannten Sachwalter. Dieser überprüft die wirtschaftliche Lage des Schuldners und schaut der Geschäftsführung letztlich als Kontrollinstanz auf die Finger.

Der Sachwalter tritt anders als der Insolvenzverwalter gerade nicht an die Stelle des Unternehmens. In der Eigenverwaltung gelten gleichwohl (mit Ausnahme einzelner Besonderheiten) die Vorschriften der Insolvenzordnung, insbesondere wesentliche Regelungen zur erleichterten Sanierung des Unternehmens.

Ist der Antrag des Schuldners auf Anordnung der Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos, sieht das Gericht bereits im Eröffnungsverfahren regelmäßig davon ab, dem Unternehmen ein allgemeines Verfügungsverbot aufzuerlegen oder etwa anzuordnen, dass alle Verfügungen des Unternehmens nur mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

In diesem Fall spricht man von einer „vorläufigen Eigenverwaltung“. Das Insolvenzgericht bestellt bereits keinen vorläufigen Insolvenzverwalter. Vielmehr setzt das Insolvenzgericht lediglich einen vorläufigen Sachwalter ein, der in den meisten Fällen eine beratende Kontrollfunktion ausübt. Die Geschäftsführung kann das Ruder des Unternehmens weiterhin in der Hand behalten.

Zu allen Fragen rund um das Thema Eigenverwaltung beraten Sie unsere Sanierungsexperten jederzeit kurzfristig. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

Die Bundesregierung hat am 01.07.2020 den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens beschlossen. Dies hat das BMJV im Rahmen einer Pressemitteilung bekannt gegeben.

Zum Hintergrund

Die Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (EU-Richtlinie 2019/1023) schreibt vor, dass unternehmerisch tätige Personen Zugang zu einem Verfahren haben müssen, das es ihnen ermöglicht, sich innerhalb von drei Jahren zu entschulden. Die Richtlinie ist bis zum 17. Juli 2021 in nationales Recht umzusetzen.

Mit dem von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf werden die Richtlinienvorgaben zur Restschuldbefreiung umgesetzt, wonach das Verfahren nur noch drei Jahre statt bisher im Regelfall sechs Jahre dauern soll. Die Regelungen sollen nicht nur, wie von der Richtlinie vorgesehen, für unternehmerisch tätige Schuldner gelten, sondern, wie von der Richtlinie empfohlen, auch für Verbraucherinnen und Verbraucher. Anders als bislang soll es dabei künftig für die Restschuldbefreiung nicht mehr erforderlich sein, dass die Schuldnerinnen und Schuldner ihre Verbindlichkeiten in einer bestimmten Höhe tilgen. Allerdings müssen Schuldnerinnen und Schuldner auch weiterhin bestimmten Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um eine Restschuldbefreiung erlangen zu können, z.B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen. Darüber hinaus werden die Schuldnerinnen und Schuldner in der sog. Wohlverhaltensphase stärker zur Herausgabe von erlangtem Vermögen herangezogen. Außerdem wird ein neuer Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung geschaffen, wenn in der Wohlverhaltensphase unangemessene Verbindlichkeiten begründet werden.

Geltung und Inkrafttreten der Änderungen

Die Verfahrensverkürzung soll für Verbraucherinnen und Verbraucher zunächst bis zum 30. Juni 2025 befristet werden, um etwaige Auswirkungen auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbraucherinnen und Verbraucher beurteilen zu können. Dazu soll die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2024 einen Bericht erstatten, um eine Entscheidungsgrundlage für eine etwaige Entfristung zu schaffen. Der Bericht soll auch auf etwaige Hindernisse eingehen, die von den bestehenden Möglichkeiten der Speicherung insolvenzbezogener Informationen durch Auskunfteien für einen wirtschaftlichen Neustart nach Restschuldbefreiung ausgehen.

Die Verkürzung des Verfahrens soll insgesamt nicht dazu führen, dass die Schuldnerin oder der Schuldner im Falle einer erneuten Verschuldung auch schneller zu einer zweiten Restschuldbefreiung kommen kann. Daher wird die derzeitige zehnjährige Sperrfrist auf elf Jahre erhöht und das Restschuldbefreiungsverfahren in Wiederholungsfällen auf fünf Jahre verlängert.

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre soll für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt werden. Damit können auch diejenigen Schuldnerinnen und Schuldnern bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden, die durch die Covid-19-Pandemie in die Insolvenz geraten sind. Für Insolvenzverfahren, die ab dem 17. Dezember 2019 beantragt wurden, soll das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt werden.

Zu allen Fragen rund um die Insolvenzantragstellung und zu den Möglichkeiten einer Vermeidung der Insolvenz beraten Sie unsere Berliner Sanierungsexperten im Bedarfsfall gerne jederzeit. Auch in der Phase der vorläufigen Insolvenzverwaltung und im eröffneten Verfahren beraten wir die schuldnerischen Geschäftsführer und Vorstände sowie Privatpersonen. Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt zu uns auf.