Corona, Insolvenz und Strafbarkeit
Im Zuge der Corona-Krise hat der Gesetzgeber das Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVInsAG) beschlossen.
Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Mit diesem Gesetz wird die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags bei Zahlungsunfähigkeit vorübergehend ausgesetzt. Dies gilt für die Zeit von 01.03.2020 bis zunächst 30.09.2020. Der Gesetzgeber kann die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im Bedarfsfall aber bis zum 30.03.2021 verlängern. Das Gesetz soll vermeiden, dass eine große Zahl von Unternehmen durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie Insolvenzantrag stellen müssen. Für Unternehmen, die sich schon vor der Corona-Pandemie schon in einer wirtschaftlichen Krise befanden, gilt die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht jedoch nicht uneingeschränkt.
Sehr viele Unternehmen sind in kürzester Zeit in eine tiefe wirtschaftliche Krise geraten. Grund dafür ist der plötzliche Einbruch von Umsätzen, der Wegfall von Aufträgen und oft auch die Zahlungsunfähigkeit von Debitoren. Oft können Unternehmen ihre hohen Außenstände nicht mehr beitreiben. Das Unternehmen gerät unverschuldet in die wirtschaftliche Krise. Das Gesetz (§ 15a InsO) bestimmt grundsätzlich, wann der Geschäftsführer einer GmbH binnen kurzer Zeit Insolvenzantrag stellen muss. Dies ist der Fall, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Bei Zahlungsunfähigkeit reichen die liquiden Mittel nicht aus, um die fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen. Bei Überschuldung decken die Aktiva die Passiva nicht und es besteht keine positive Fortführungsprognose. Der Geschäftsführer macht sich strafbar, wenn er nicht rechtzeitig Insolvenzantrag stellt. Auch für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife haftet der Geschäftsführer unter Umständen persönlich. Die Haftung erstreckt sich grundsätzlich auf das gesamte Vermögen.
Dieses Problem soll das neue Gesetz zeitweise, für den Zeitraum seit dem 01.03.2020 bis zunächst 30.09.2020, entschärfen. Voraussetzung ist, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Krise ausgelöst haben und Aussicht auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit besteht.
War das Unternehmen schon vor der Coronakrise zahlungsunfähig, gilt weiterhin die Pflicht zur kurzfristigen Stellung des Insolvenzantrags aus § 15a InsO.
Vorsicht: weiterhin strafrechtliche Risiken
War das Unternehmen am 31.12.2019 aber nicht zahlungsunfähig, wird widerlegbar vermutet, dass die Insolvenzreife auf die Auswirkungen der Corona - Pandemie zurückzuführen ist und Aussicht auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen. Es ist trotzdem Vorsicht geboten. Stellt im Falle einer späteren Insolvenz der Insolvenzverwalter fest, dass das Unternehmen doch schon am 31.12.2019 insolvenzreif war, haftet der Geschäftsführer trotzdem und hat sich unter Umständen auch strafbar gemacht.
Wenn erst die Corona-Pandemie die Krise und Zahlungsunfähigkeit ausgelöst hat, haftet der Geschäftsführer nicht für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife, soweit er diese im ordnungsgemäßen Geschäftsgang vornimmt. Dabei wird geprüft, ob die Zahlungen der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen.
Der Gesetzgeber verschafft den Unternehmen und deren Geschäftsführern damit ein wenig Luft, um eine große Welle von Insolvenzanträgen zu verhindern. Um Haftung und Strafbarkeit wegen verspäteter Stellung des Insolvenzantrags zu vermeiden, gibt es für Geschäftsführer aber weiterhin einige Dinge zu beachten, die eine anwaltliche Beratung erfordern. Dies gilt umso mehr, als trotz der teilweisen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht weiterhin strafrechtliche Risiken drohen. So ist eine Strafbarkeit wegen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB), Betrugs (§ 263 StGB) oder wegen Bankrotts (§§ 283 ff StGB) grundsätzlich weiterhin möglich, auch wenn im Einzelfall keine Insolvenzantragspflicht besteht.
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