Risiko bei Restschuldbefreiung
BGH, Urteil vom 22.3.2018 – IX ZR 163/17
Auch nach erteilter Restschuldbefreiung sind anfechtbar erlangte Vermögenswerte unter Umständen herauszugeben. Dies gilt auch dann, sofern Gläubiger im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch keine Klage erhoben haben (Ergänzung zu BGHZ 208, 1 = NZI 2016, 131).
Grundsätzlich können Gläubiger oder ein Insolvenzverwalter unter besonderen Voraussetzungen bestimmte Gläubiger benachteiligende Vermögensverschiebungen eines Schuldners im Rahmen einer sog. Anfechtungsklage herausverlangen.
In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof die Rechte der Gläubiger diesbezüglich und mehrfach erweitert. Ausweislich einer BGH-Entscheidung vom 12.11.2015 können Gläubiger auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung u. U. noch Vermögenswerte im Rahmen einer Anfechtungsklage herausverlangen, die der Schuldner vor seinem Insolvenzverfahren auf Dritte übertragen hat. Aus diesem Grund müssen die Empfänger dieser Vermögenswerte auch noch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens mit dem Herausgabeverlangen eines Gläubigers rechnen. Dies gilt seit dem BGH-Urteil vom 22.03.2018 auch dann, wenn ein Gläubiger vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch keine Anfechtungsklage erhoben hat. Der Schuldner kann den Erfolg einer Anfechtungsklage gerade nicht dadurch vereiteln, dass er - gestützt auf die erteilte Restschuldbefreiung - Vollstre-ckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO gegen die titulierte Forderung des An-fechtungsgläubigers erhebt.
Den vollständigen Urteilstext finden Sie hier.
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Keine Einstandspflicht einer D&O-Versicherung für Haftung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG
OLG Düsseldorf, Urteil v. 20.07.2018 – 4 U 93/16
Zugunsten der Geschäftsführerin einer später insolventen GmbH schloss das Unternehmen mit dem Versicherer einen Vertrag über eine Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden. Dem Vertrag lagen die allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und leitenden Angestellten (ULLA) zugrunde. Es handelte sich um eine sogenannte D&O-Versicherung. Nach den Versicherungsbedingungen besteht Versicherungsschutz für den Fall, dass die Versicherungsnehmerin oder ein Dritter die versicherte Person wegen einer Pflichtverletzung für einen Vermögensschaden (hierzu zählt auch der Insolvenzverwalter) auf Schadenersatz in Anspruch nehmen.
In Übereinstimmung mit dem OLG Celle befand das OLG Düsseldorf, dass Versicherungsschutz nur unter bestimmten Bedingungen besteht. Dieser bestehe nur, wenn der Anspruchsteller die versicherte Person wegen einer Pflichtverletzung für einen Vermögensschaden auf Schadenersatz in Anspruch nimmt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH ZInsO 2011, 970, dort Rn.20 m.w.N.) resultiert aus einem Verstoß gegen § 64 GmbHG ein den Geschäftsführer verpflichtender Haftungsanspruch eigener Art.
Nach § 64 GmbHG haftet der Geschäftsführer für nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistete Zahlungen. Dies gilt aber nur, sofern diese Zahlungen nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.
Durch das Urteil wird erneut klar, wie gefährlich die Situation der Geschäftsführer in der Krise der Gesellschaft ist. Auch durch eine D&O-Versicherung kann der Geschäftsführer sich jedoch nicht ausreichend schützen.
Solange eine anderslautende höchstrichterliche Rechtsprechung aussteht, sollten Versicherungsnehmer mit dem Versicherer möglichst die Deckung von Ansprüchen nach § 43 GmbHG, § 64 GmbHG bzw. § 92 AktG explizit vereinbaren.
Gerne beraten unsere Rechtsanwälte Sie zu allen Fragen rund um das Thema Haftung unter anderem von Geschäftsführern oder Vorständen von Kapitalgesellschaften.
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Haftung des Geschäftsführers für Steuern auch nach Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung
BFH, Urteil v. 26.09.2017 – VII R 40/16
Der BFH verschärft die Haftung für Geschäftsführer weiter
Im vorliegenden Sachverhalt wurde der Geschäftsführer für nach Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung nicht entrichtete Einfuhrumsatzsteuern rechtskräftig zu 100 % in Haftung genommen. Hierbei dürfte dem Geschäftsführer auch eine fehlende oder fehlerhafte Beratung zum Verhängnis geworden sein. Denn er hat – offensichtlich in der Annahme, nicht mehr über das Vermögen der Gesellschaft verfügen zu können – den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht um Zustimmung für die vom Geschäftsführer zu besorgende Steuerzahlung gebeten. Dies war verhängnisvoll.
Denn im Fall der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots (§ 22 Abs. 1 S. 1 InsO) verbleibt die Verfügungsbefugnis beim gesetzlichen Vertreter der Kapitalgesellschaft. Wenngleich der Bundesfinanzhof sich hierzu nicht eindeutig erklärt, dürfte ein Verschulden (und somit auch die Haftung) für die Nichtabführung der Steuerzahllast entfallen, sofern der Geschäftsführer das in seiner Macht Stehende getan hätte, um die fällige Zahlung zu bewirken. Er hätte den vorläufigen Insolvenzverwalter zumindest zur Zustimmung zu der von ihm zu veranlassenden Zahlungsanweisung auffordern müssen.
Den vollständigen Urteilstext finden Sie hier.
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