BGH: Widerspruchsrecht des gekündigten Mieters nach § 574 BGB eingeschränkt

BGH, Urteil vom 01.07.2020 - VIII ZR 323/18 -

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 01.07.2020 (Az. VIII ZR 323/18) die Widerspruchsmöglichkeiten der Mieter gegen vermieterseitige Kündigungen eingeschränkt.

Urteil des Bundesgerichtshof

Der nach Widerspruch gegen eine ordentliche Kündigung unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB gegebene Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ist nach § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Vermieter die außerordentliche Kündigung erklärt hat; es genügt, wenn dem Vermieter bei Zugang der ordentlichen Kündigung (auch) ein Recht zur fristlosen Kündigung zusteht.

Eine fristgerechte Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, so der BGH weiter, ändere an dem Ausschluss des Fortsetzungsanspruchs des Mieters nichts, da sie einer ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung im Wege der gesetzlichen Fiktion lediglich rückwirkend deren Gestaltungswirkung nehme, nicht aber dazu führe, dass ein Grund für die fristlose Kündigung von vornherein nicht bestanden hätte.

Für eine teleologische Reduktion von § 574 Abs. 1 BGB dahin, dass das Widerspruchsrecht des Mieters mit fristgerechter Schonfristzahlung neu entstehe oder wiederauflebe, sei kein Raum, da es an einer hierfür notwendigen planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, also einer verdeckten Regelungslücke, fehle.

Vorinstanz: Urteil des LG Berlin

Das Landgericht Berlin hatte in der Vorinstanz noch ein Widerspruchsrecht des Mieters angenommen und entschieden, dass sich das Mietverhältnis aufgrund einer nicht zu rechtfertigenden Härte auf unbestimmte Zeit verlängere.

Der Bundesgerichtshof aber stellt nun klar, dass dies nicht der Fall ist. Mit dem Widerspruchsrecht des Mieters wolle der Gesetzgeber zugunsten des Mieters aus sozialen Gründen unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit schaffen, nach einer an sich berechtigten Kündigung des Vermieters die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen zu können.  

Ein Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses stehe dem Mieter aber gerade nicht zu, wenn gravierende Vertragsstörungen eingetreten seien, die den Vermieter auch zur fristlosen Kündigung berechtigten.

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